Die moderne Arbeitsmedizin steht vor der Herausforderung, digitale Technologien sinnvoll in die betriebsärztliche Betreuung zu integrieren, ohne dabei den persönlichen Kontakt zu vernachlässigen. „Smarte Arbeitsmedizin“ bezeichnet daher nicht nur den Einsatz innovativer Tools, sondern auch die verantwortungsvolle Kombination von digitalen und traditionellen Methoden zur Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz.
Digitale Werkzeuge in der Arbeitsmedizin
Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bieten vielfältige Möglichkeiten, die Effizienz und Flexibilität der arbeitsmedizinischen Betreuung zu steigern. Beispiele hierfür sind:
- Moderne Praxis- und Verwaltungssysteme: Sie erleichtern die Erfassung, Verarbeitung und Analyse medizinischer Daten sowie die Dokumentation von Gefährdungsbeurteilungen.
- Telemedizinische Anwendungen: Videosprechstunden, Telemonitoring und Telekonsile ermöglichen eine ortsunabhängige Beratung und Betreuung, insbesondere für Unternehmen mit mehreren Standorten oder Mitarbeitenden im Homeoffice.
- Wearables: Tragbare Geräte können physiologische Parameter erfassen und so ein arbeitsplatznahes Monitoring unterstützen, das präventive Maßnahmen erleichtert.
Digitale Plattformen als Kommunikationsdrehscheibe
Ein zentraler Baustein smarter Arbeitsmedizin sind digitale Plattformen, die den Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten – Betriebsärztinnen und -ärzten, Unternehmen, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Beschäftigten – erleichtern. Solche Plattformen ermöglichen:
- Zentrale Terminverwaltung und Dokumentation: Untersuchungen, Vorsorgen und Unterweisungen können effizient geplant und dokumentiert werden.
- Sicherer Datenaustausch: Befunde und Gesundheitsdaten können datenschutzkonform zwischen den Beteiligten geteilt werden.
- Interaktive Kommunikation: Beschäftigte können direkt mit Betriebsärztinnen und -ärzten in Kontakt treten und beispielsweise Online-Sprechstunden nutzen.
Diese Plattformen tragen dazu bei, die Zusammenarbeit zu verbessern, Prozesse zu optimieren und die Qualität der arbeitsmedizinischen Betreuung zu steigern.
Bedeutung der persönlichen Präsenz
Trotz der Vorteile digitaler Technologien bleibt die physische Präsenz von Betriebsärztinnen und -ärzten unverzichtbar. Insbesondere die Erstbegehung eines Betriebs erfordert eine persönliche Anwesenheit, um die spezifischen Arbeitsbedingungen und -belastungen umfassend zu verstehen. Auch die direkte Interaktion mit Beschäftigten ist durch keine Technologie vollständig zu ersetzen.
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat in ihrer überarbeiteten Vorschrift 2 die Bedingungen für den Einsatz digitaler Technologien in der arbeitsmedizinischen Betreuung konkretisiert. Demnach ist die Nutzung digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien zulässig, wenn die betrieblichen Verhältnisse bekannt sind und keine Sachgründe eine Präsenz erfordern. In bestimmten Fällen, wie bei der Erstbegehung oder bei spezifischen Beratungen, ist jedoch eine persönliche Anwesenheit vorgeschrieben.
Herausforderungen bei der Integration
Die Einführung digitaler Technologien in der Arbeitsmedizin bringt auch Herausforderungen mit sich:
- Datenschutz und Datensicherheit: Die Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten erfordert strenge Sicherheitsmaßnahmen und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.
- Akzeptanz bei Beschäftigten: Die Nutzung von Wearables oder anderen Überwachungstools kann bei Mitarbeitenden Bedenken hervorrufen, die durch transparente Kommunikation und freiwillige Teilnahme adressiert werden müssen.
- Qualität der Betreuung: Rein virtuelle Anbieter, die ohne Kenntnis des spezifischen Betriebsumfelds arbeitsmedizinische Leistungen anbieten, können den gesetzlichen und qualitativen Anforderungen nicht gerecht werden. Eine fundierte arbeitsmedizinische Betreuung erfordert stets ein tiefes Verständnis der konkreten Arbeitsbedingungen.
Fazit
Smarte Arbeitsmedizin bietet die Chance, die Prävention am Arbeitsplatz durch den gezielten Einsatz digitaler Technologien zu verbessern. Dabei ist es entscheidend, diese Technologien als Ergänzung und nicht als Ersatz für die persönliche Betreuung zu verstehen. Nur durch die Kombination von digitalen Tools und direktem Kontakt kann eine umfassende und effektive arbeitsmedizinische Betreuung gewährleistet werden.