Arbeitsschutz und Organisationssicherheit werden 2025 noch stärker in den Fokus der zuständigen Aufsichtsbehörden rücken. Von der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) bis hin zur Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gibt es zahlreiche Informationen und Vorgaben, die Unternehmen bei der Umsetzung von präventiven Maßnahmen unterstützen sollen. Doch was bedeutet das konkret für Ihr Unternehmen, und wie können Sie sicherstellen, dass Sie für eine Betriebsprüfung bestens aufgestellt sind?
In diesem Artikel erfahren Sie, welche Schritte Sie ergreifen sollten, um Ihre Arbeitsschutzmaßnahmen systematisch zu verbessern und zugleich ein sicheres Arbeitsumfeld für Ihre Mitarbeitenden zu schaffen. Wir zeigen Ihnen, welche Herausforderungen auf Sie zukommen können und welche Tools Ihnen helfen können, strukturiert und nachhaltig vorzugehen.
Arbeitsschutz 2025 als Wettbewerbsfaktor
Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz werden oft als reine Pflichtaufgabe wahrgenommen, die es zu erfüllen gilt, um Strafen zu vermeiden. Dabei ist ein gelebter Arbeitsschutz längst ein wichtiger Wettbewerbsfaktor:
- Geringere Ausfallzeiten: Gesunde Mitarbeitende fehlen weniger durch Krankheit, was die Produktivität steigert.
- Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit: Wer sich sicher und wertgeschätzt fühlt, ist eher bereit, sich langfristig an ein Unternehmen zu binden.
- Positives Image: Ein professionelles Arbeitsschutzkonzept unterstreicht die Verantwortungsbereitschaft eines Unternehmens und stärkt die Reputation, sowohl bei Bewerber*innen als auch bei Kund*innen.
Gerade Personalverantwortliche spielen hier eine zentrale Rolle, da sie den direkten Kontakt zu den Mitarbeitenden halten und wichtige Schnittstellen zu Führungskräften, Betriebsräten, Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmediziner*innen bilden.
2025 im Fokus: Warum jetzt handeln?
Die GDA legt für die kommenden Jahre verstärkt den Schwerpunkt auf Prävention und systematische Gefährdungsbeurteilungen. Das bedeutet: Betriebe müssen ihre internen Prozesse, Tätigkeiten und Arbeitsmittel genau unter die Lupe nehmen, zukunftsfähige Konzepte entwickeln und ihre Analysen und abgeleitete Maßnahmen entsprechend dokumentieren sowie die Wirksamkeit von ergriffenen Maßnahmen nachhalten.
- Ausweitung von Betriebsprüfungen: Aufsichtsbehörden werden häufiger und intensiver prüfen, ob Unternehmen ihre Gefährdungsbeurteilungen regelmäßig aktualisieren und ob entsprechende Schutzmaßnahmen durchgeführt und dokumentiert werden.
- Steigende Anforderungen: Mit dem technischen Fortschritt steigen auch die Anforderungen an Sicherheitsstandards, etwa bei digitalisierten Arbeitsprozessen oder im Homeoffice.
- Verzahnung mit weiteren Themen: Arbeitssicherheit ist nicht mehr isoliert zu betrachten, sondern umfasst zunehmend Aspekte wie Gesundheitsmanagement, Mitarbeiterzufriedenheit und Nachhaltigkeit (z. B. in Form von Ergonomie und umweltbewussten Arbeitsschutzmaßnahmen).
Ihr Fahrplan zur erfolgreich absolvierten Betriebsprüfung
Nachfolgend finden Sie eine erweiterte Checkliste mit Erläuterungen, die Ihnen dabei hilft, Ihren betrieblichen Arbeitsschutz zu überprüfen und für die nächste Inspektion fit zu machen:
1. Gefährdungsbeurteilungen
- Aktualität prüfen: Gefährdungsbeurteilungen sollten regelmäßig – mindestens jährlich oder bei wesentlichen Änderungen und besonderen Anlässen – geprüft und angepasst werden.
- Besondere Risiken berücksichtigen: Denken Sie insbesondere an Alleinarbeit, den Einsatz von Gefahrstoffen oder Tätigkeiten mit hohem Gefährdungspotential. Beachten Sie hierzu auch die Punkte 5, 10 und 11.
Beispiel: Bei Tätigkeiten in Lagerbereichen sollten nicht nur mechanische Gefahren (z. B. durch herabfallende Lasten oder fahrende Gabelstapler) berücksichtigt werden, sondern auch psychosoziale Aspekte, etwa Stressbelastung und Schichtarbeit. Ergeben sich Erkenntnisse, beispielsweise aus einer Begehung oder einem Arbeitsunfall, sollten diese in die Gefährdungsbeurteilung aufgenommen und Schutzmaßnahmen abgeleitet werden.
2. Arbeitsschutzorganisation
- Verantwortlichkeiten klar regeln: Erstellen Sie ein Organigramm oder eine Übersicht, aus der hervorgeht, wer für welche Aspekte des Arbeitsschutzes zuständig ist. Wenn Unternehmerpflichten im Bereich Arbeitsschutz delegiert werden, beauftragen Sie diese Personen offiziell und schriftlich mit Gegenzeichnung.
- Regelmäßige Überprüfungen: Ein Arbeitsschutzplan, der nicht gelebt wird, ist wertlos. Setzen Sie jährliche oder halbjährliche Termine, um alle Maßnahmen zu evaluieren.
Tipp: Ein monatlicher Jour fixe mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und Personalverantwortlichen verbessert die Kommunikation und Transparenz.
3. Unterweisungen und Schulungen
- Bedarfsgerecht und interaktiv: Passen Sie Inhalte an aktuelle Situationen an (z. B. veränderte Produktionsabläufe, neue Gesetzeslagen) und setzen Sie auf interaktive Methoden wie E-Learning oder Gruppenarbeit.
- Dokumentation nicht vergessen: Legen Sie schriftlich fest, wer, wann und zu welchem Thema unterwiesen wird und dokumentieren Sie die Durchführung.
Praxisbeispiel: Bei Einführung eines neuen Gefahrstoffs bieten Sie eine Sonderunterweisung an, die auf die korrekte Handhabung und mögliche Gefahren hinweist.
4. Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
- Beschaffung und Kontrolle: Stellen Sie sicher, dass Mitarbeitende die passende PSA zur Verfügung haben – von Sicherheitsschuhen über Gehörschutz bis hin zu Atemschutzmasken. Beachten Sie mögliche Belastungen durch PSA und ziehen sie ggf. die Arbeitsmediziner*innen hinzu.
- Regelmäßige Wartung: Auch PSA unterliegt Verschleiß. Prüfen Sie beispielsweise Helme oder Gurte regelmäßig auf Schäden und erneuern Sie abgelaufene Sicherheitsschuhe.
5. Arbeitsmittel und -stoffe
- Regelmäßige Prüfungen: Eine rechtzeitige Wartung von Maschinen und Geräten beugt Unfällen vor und verlängert die Lebensdauer. Beachten Sie die Vorgaben der DGUV zu Art und Umfang von Prüfungen sowie zu Prüffristen. Holen Sie sich ggf. externe Unterstützung zur Durchführung aller erforderlichen Prüfungen.
- Vorgaben zur Lagerung: Gefahrstoffe müssen stets gekennzeichnet und getrennt von anderen Stoffen gelagert werden. Ein Gefahrstoffkataster und Sicherheitsdatenblätter sind für jeden zugänglich aufzubewahren. Bei bestimmten Gefahrstoffen ist arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge vorgesehen.
6. Notfallmanagement
- Klare Notfallpläne: Erstellen Sie Szenarien, die von der Brandbekämpfung bis zur Evakuierung reichen, und üben Sie diese regelmäßig (z. B. in Form von Räumungsübungen). Beachten Sie die notwendigen Quoten für Ersthelfer und Brandschutzhelfer im Betrieb unter Berücksichtigung der räumlichen und fachlichen Aufteilung der Mitarbeitenden sowie unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten, Schichten und der Urlaubsplanung.
- Zugänglichkeit von Equipment: Feuerlöscher, Erste-Hilfe-Kästen und Notausgänge sollten zu jeder Zeit erreichbar und gut beschildert sein. Schaffen Sie hierfür ein Bewusstsein bei den Mitarbeitenden und haben Sie ein Auge darauf, wenn Sie im Betrieb unterwegs sind.
7. Dokumentation
- Vollständigkeit: Prüfen Sie, ob alle wichtigen Unterlagen (Gefährdungsbeurteilungen, Begehungs- und Prüfprotokolle, Wartungsnachweise, Unterweisungsnachweise, Vorsorgekartei) vollständig vorliegen.
- Gesetzliche Aufbewahrungsfristen: Halten Sie die jeweilige Aufbewahrungsfrist ein, damit Sie bei einer Inspektion nicht ins Schwitzen kommen.
8. Mitarbeiterbeteiligung
- Einbindung ins Arbeitsschutzkonzept: Schaffen Sie klare Meldewege, damit Mitarbeitende Hinweise geben oder Gefährdungen melden können.
- Regelmäßige Austauschformate: Arbeitskreise oder Besprechungen zum Thema Arbeitssicherheit erhöhen das Sicherheitsbewusstsein und fördern den Teamgeist.
Tipp: Richten Sie eine anonyme „Safety-Box“ ein, in die Mitarbeitende Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit einwerfen können.
9. Arbeitsstättenbeschaffenheit
- Ergonomie und Komfort: Achten Sie auf ausreichend Beleuchtung, gute Belüftung und ergonomische Arbeitsplätze. Das wirkt sich nicht nur positiv auf die Gesundheit sondern auch auf die Zufriedenheit der Belegschaft aus.
- Regelmäßige Begehungen: Nutzen Sie standardisierte Checklisten, um bei Rundgängen potenzielle Gefahrenquellen rasch aufzuspüren. Dokumentieren Sie Mängel in Begehungsprotokollen und weisen Sie direkt Verantwortlichkeiten und Fristen für die Behebung zu.
10. Arbeitsmedizinische Vorsorge
- Vorsorgeanlässe kennen: Gesetzliche Vorgaben (ArbMedVV, Gefahrstoffverordnung, Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung) legen fest, wann Angebots- oder Pflichtvorsorge durchzuführen ist. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sollten in Absprache mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und den Arbeitsmediziner*innen alle Tätigkeiten im Betrieb überprüft und ggf. erforderliche Vorsorgeanlässe zugeordnet und festgelegt werden.
- Dokumentation und Wiederholung: Halten Sie schriftlich fest, welche Vorsorgeuntersuchungen stattfinden sollen und dokumentieren Sie deren Durchführung. Führen Sie dazu die gesetzlich vorgeschriebene Vorsorgekartei, die Sie bei einer Betriebsprüfung auf Aufforderung vorlegen können. Beachten Sie Wiederholungsfristen und ermöglichen Sie Ihren Mitarbeitenden die Teilnahme.
Zusatznutzen: Mit einem klar strukturierten arbeitsmedizinischen Vorsorgeplan erhalten Mitarbeitende nicht nur passgenaue medizinische Untersuchungen und Beratung, sondern Sie als Arbeitgeber sichern sich gegen Haftungsrisiken ab.
Tipp: Lesen Sie auch unseren Artikel zum Thema arbeitsmedizinische Vorsorge.
11. Personalärztliche Erfordernisse
- Klärung des Bedarfs: Kommen im Betrieb besonders gefährliche Tätigkeiten vor (Bedienung von Maschinen mit Verletzungspotential, Gefährdungspotential für Dritte, Höhenarbeit mit Absturzgefahr, Taucharbeiten, Arbeiten unter Überdruck oder unter sauerstoffreduzierter Atmosphäre, Nutzung von schwerem Atemschutzgerät) können arbeitsmedizinische Eignungsbeurteilungen sinnvoll sein. Prüfen Sie den Bedarf und legen Sie das Vorgehen gemeinsam mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und den Arbeitsmediziner*innen fest.
- Dokumentation und Wiederholung: Halten Sie schriftlich fest, welche Eignungsuntersuchungen stattfinden sollen und dokumentieren Sie deren Durchführung. Oft wird dies der Vorsorgekartei angegliedert, auch wenn Vorsorge und Eignungsbeurteilung getrennt zu betrachten sind. Beachten Sie Wiederholungsfristen und gewährleisten Sie die Teilnahme der betroffenen Mitarbeitenden.
Tipp: Lesen Sie auch unseren Artikel zum Thema Eignungsuntersuchungen.
So unterstützt Sie ORGAcheck
Der ORGAcheck der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (eine auf Dauer angelegte im Arbeitsschutzgesetz und im SGB VII verankerte Plattform von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern) ermöglicht es kleinen und mittelständischen Unternehmen, ihre Arbeitsschutzorganisation zu überprüfen und zu verbessern. Damit trägt der GDA-ORGAcheck sowohl dazu bei, die Potenziale eines gut organisierten Arbeitsschutzes für die störungsfreie Arbeitsorganisation zu nutzen als auch die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu unterstützen.
Vorteile von OrgaCheck:
- Bietet Orientierung, erleichtert die Erhebung des Ist-Zustands im Unternehmen und die Identifikation von Handlungsbedarf
- Leicht verständliche Handlungsanleitungen unterstützen die Organisation von Gesundheits- und Arbeitsschutz im Betrieb
- Unterstützt bei der systematischen Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
- Hilft auf dem Weg zur Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems
Link: https://www.gda-orgacheck.de/
Was tun, wenn die Betriebsprüfung ansteht?
Sollten Sie erfahren, dass eine behördliche Prüfung bevorsteht, keine Panik! Hier ein kurzes Vorgehen:
- Unterlagen sichten: Stellen Sie sicher, dass alle relevanten Dokumentationen (Gefährdungsbeurteilungen, Begehungs- und Prüfprotokolle, Wartungsnachweise, Unterweisungsnachweise, Vorsorgekartei) griffbereit und aktuell sind.
- Mitarbeitende informieren: Kommunizieren Sie die bevorstehende Betriebsprüfung transparent. So können sich Führungskräfte und Beschäftigte vorbereiten und Fragen klären.
- Probelauf durchführen: Eine interne Betriebsbegehung (ggf. mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit) hilft, letzte Lücken aufzudecken und nachzubessern.
Fazit: Prävention zahlt sich aus
Wer sich frühzeitig mit den Anforderungen von GDA und DGUV beschäftigt und entsprechende Maßnahmen implementiert, tut nicht nur etwas für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, sondern verbessert auch die betriebliche Organisation. Gleichzeitig reduzieren sich mögliche Ausfallzeiten und Haftungsrisiken.
- Arbeitsschutz als Teil der Unternehmenskultur: Schaffen Sie ein Bewusstsein für Gefahren und einen offenen Austausch im Team.
- Fortlaufende Weiterbildung: Bleiben Sie immer auf dem neuesten Stand und informieren Sie sich über gesetzliche Neuerungen oder branchenspezifische Besonderheiten.
- Nachhaltige Unternehmensführung: Ein gelungenes Arbeitsschutzmanagement leistet einen wichtigen Beitrag zur langfristigen betrieblichen Stabilität und Mitarbeiterzufriedenheit.
Nutzen Sie die zahlreichen Angebote der GDA, der DGUV und Unterstützungsmöglichkeiten wie ORGAcheck, um Ihr Unternehmen fit für die nächste Betriebsprüfung – und darüber hinaus – zu machen. Eine vorausschauende Organisation wirkt sich positiv auf das Betriebsklima aus und stärkt das Vertrauen in Ihr Unternehmen als verlässlichen Arbeitgeber.
Hinweis:
Diese Checkliste und der Artikel dienen lediglich als Orientierung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für eine rechtsverbindliche Auskunft sollten Sie sich an die zuständigen Fachstellen, Ihre Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Ihren Betriebsarzt bzw. Ihre Betriebsärztin wenden.